CELLA verticale
[The Golden Mean]
05 2025 NOI Techpark Südtirol
Goldene Säule 27,5m x 1,8m x 1,8m
Ebene 1 [Ort/Geschichte]
In den 1930er Jahren forcierte das damals herrschende Regime die Industrialisierung Südtirols und siedelte auf dem Areal des heutigen NOI Techpark eine metallverarbeitende Fabrik an. Deshalb war für uns klar, dass unsere Installation aus Metall gefertigt werden muss, als Anerkennung und Würdigung der dort beschäftigten Arbeiterinnen und Arbeiter.
Die metallene Vierkantsäule stellt einen Bezug zur wunderschönen, rationalistischen Architektur der historischen Bestandsgebäude des NOI Techparks dar und ist Hommage und Kritik gleichermaßen: Wir beziehen uns auf den abstrahierten, stilprägenden Säulentypus (der Vierkantsäule) verweigern diesem konstruktiven Element aber die von den Rationalisten so vehement geforderte Funktionalität. Somit wird die von den Faschisten vereinnahmte Bauweise des Rationalismus zwar aufgegriffen aber ad absurdum geführt.
Ebene 2 [Außen]
Die Säule besteht aus einzelnen runden Rohren, welche eine quadratische Grundfläche bilden. Die Rohre haben einen Durchmesser von 16 Zentimetern und eine Länge von knapp 28 Metern. Bei näherem Betrachten verjüngt sich die Spitze des goldenen Turmes nach oben hin perspektivisch und wird so zu einem Obelisken, obwohl die einzelnen Rohre kerzengerade in den Himmel streben.
Ebene 3 [Himmel/Innen OBEN]
Eine zweite Ebene erschließt sich den Neugierigen – rückseitig befindet sich ein Eingang, durch welchen man in das Innere der Säule gelangt. Beim Betreten des tempelartigen Innenraumes der Vierkantsäule richtet sich der Blick wie durch ein Fernrohr auf einen kleinen Ausschnitt des Himmels. Das von oben einfallende Licht steht stellvertretend für Wissen und Erkenntnis. Dieses metaphorische Deckengemälde zeigt aber nur einen kleinen Teil des Himmels, dieser winzige Ausschnitt im Vergleich zum restlichen Universum soll uns symbolisch vor Augen führen, wie wenig wir eigentlich wissen. Alles, was außerhalb von diesem Himmelsquadrat ist, ist ein Geheimnis.
Der kleine, spärlich beleuchtete Innenraum ist eine Anlehnung an die CELLA der antiken Tempel – der Ort des Allerheiligsten – dort wo die Götter wohnen und die Menschen nichts zu suchen haben.
Anders hier: Hier kann der Mensch ins dachlose Gebäude eintreten –
Wir dürfen uns allerdings keinen Schutz von oben erwarten, der Himmel ist leer und am Boden die Natur - der Mensch ist sein eigener Gott.
Ebene 4 [Natur/Innen UNTEN]
Die Basis dieser Installation bildet der 2,5 Quadratmeter große Mosaikboden. Wie auch in den großen Kathedralen und in den antiken Tempeln ist auch hier in unserer Kapelle der Wissenschaft der Fußboden mit feinsten Glassteinchen ausgelegt. Die verewigten Motive sind Abbildungen der Natur, ein kleiner Garten Eden, welcher von der Künstlichen Intelligenz entworfen und von Menschen in Stein verbildlicht worden sind. Wir haben die KI als gleichberechtigte Entwurfspartnerin gesehen, sie war unsere Komplizin über Wochen hinweg. Wir haben jede einzelne Pflanze und deren Position diskutiert. Warum Waldmeister, wieso Mäusedorn und was machen eigentlich die Schlangeneier da in der Ecke?
Dieses pixelhafte Sinnbild für Wachstum und Koexistenz zeugt aber auch von Gewalt und Unterdrückung - dieser Garten Eden wird vom Menschen umzäunt und ausgenutzt. Die goldenen Rohre schießen kompromisslos und gewaltsam durch den friedlichen Waldboden und bilden eine unüberwindbare Umfriedung.
Wir nehmen uns nicht nur das was wir brauchen, wir nehmen uns das, was wir wollen.
Ebene 5 [Rote Fäden]
Unsere künstlerischen Arbeiten geben keine Antworten. Wir schaffen Assoziationsketten und legen Fährten. Einen roten Faden gibt es nicht, aber Hunderte rote Fäden werden zu einem Wollknäuel verknüpft.
Am Ende gibt es keine Erlösung, sondern eine prosaische Verwirrung. Dies versuchen wir mit einer klaren Ästhetik wieder geradezurücken, um dann mit einer barocken Farbgestaltung alles wieder ins Wanken zu bringen.
Goldene Türme wachsen nicht endlos, sie stürzen ein!
Um dies noch hinauszuzögern, sollten wir versuchen mit Hilfe von Wissenschaft und Forschung eine solidarische Welt zu schaffen.
SCHWARZENFELD [Raphaela Aurelia Sauer/Michael Meraner]
Kunstinstallation 27,5m / 1,8mx1,8m im NOI Techpark Südtirol
Metallbau Pichler Projects
Fundament / Pflasterung UnionBau
Mosaik Gustav van Treeck
Bauantrag Gutachten NOI Techpark
Statik IPM
Foto Daniele Fiorentino & SCHWARZENFELD