ADÁMAS
[Dekoloniales Denkzeichen Global Village Berlin 2023 ]
Für das Berliner Eine-Welt-Zentrum „Berlin Global Village“ möchten wir ein mehrteiliges, skulpturales Denkzeichen errichten. Drei überdimensional große, schwarze Diamanten aus Grafit sollen am Vorplatz des BGV die Menschen neugierig machen und zum Innenhalten bewegen. Wir verwenden ein weltweites bekanntes Symbol für Schönheit, Reichtum und Macht und transformieren es zu einem weithin sichtbaren Zeichen für Ungerechtigkeit, Schmerz und Unterdrückung. Die kleinen, kostbaren Funkelsteine werden zu riesigen, unverrückbaren Projektionsflächen.
Deutschlands schreckliche Kolonialpolitik, welche unter dem Reichskanzler Otto von Bismarck seinen unrühmlichen Höhepunkt fand, war von wirtschaftlich äußerst geringem Nutzen und diente nur der Weltgeltung. Dieser Irrweg gipfelte einige Jahre später im Völkermord an den Herero und Nama.
Die schwarzen Diamanten sollen uns an die Kolonialpolitik Deutschlands und anderer Länder erinnern und uns vergegenwärtigen, dass wir auch heute noch kolonialistische Ausbeutung im großen Stile betreiben und unser Wohlstand darauf begründet ist.
Diamanten bestehen wie Grafit aus Kohlenstoff-Atomen. Grafite mit ihrer wabenförmigen Gitterstruktur sind trotz identischem Ausgangsmaterial die weichsten, aber stabilsten Kohlenstoffmodifikationen, Diamanten die härtesten. Seit jeher sind diese seltenen Steine begehrte Machtinstrumente und ein weltweites Sinnbild für eine hierarchische Gesellschaft.
1908 wurden die ersten Diamanten auf dem Gebiet des heutigen Namibia von Zacharias Lewala, einem einheimischen Eisenbahnbauer entdeckt. Der Fundort wurde sofort von der deutschen Regierung zum Sperrgebiet erklärt und von da an wurden Diamanten in großen Mengen im Tagebau gewonnen und es entwickelten sich Städte wie Kolmanskuppe, Elisabethbucht, Pomona, Charlottenthal oder Bogenfelsens. Diese unwirklichen Orte in denen früher Champanger floss, sind heute morbide, sandige Geisterstädte.
Die namibischen Diamanten gelten mit Abstand als reinste und teuerste der Welt. Der Karatpreis namibischer Diamanten liegt mit fast US$ 450 pro Karat mehr als doppelt so hoch wie der von kanadischen Diamanten. Heute zählt Namibia mit einem jährlichen Abbauvolumen von 1,8 Millionen Karat zu den zehn größten Diamantenproduzenten der Welt.
Ob Blutdiamanten oder die Debatte um die Kronjuwelen des britischen Königshauses (Great Star of Africa mit 530,2 Karat), es ist Zeit zu handeln und wir müssen bewusste Zeichen setzen und aus der Vergangenheit lernen. Diese Verbrechen müssen endlich aufhören und um diese Verblendung entgegenzuwirken, sollen die schwarzen Grafitdiamanten vor dem Berlin Global Village ein einfaches, leicht verständliches Zeichen sein. Sie sollen Kommunikation schaffen und auf die Vielzahl von Projekten und wissenschaftlichen Arbeiten hinweisen, welche im Hintergrund stattfinden.
Wir verwenden ausschließlich recycelte Graphitstücke, wir vereinen die kleinteilige Ausschussware zu einem großen Block und schleifen diesen dann in Diamantenform. Wir versuchen eine neue Form zu entwickeln, in Anlehnung an die Stahlgerippe der Geisterstätten in der Wüste Namibias. Die Kantenlängen und die Winkel der Grafitdiamanten sollen die Maße der Überreste der Kolonialsiedlungen im Verhältnis widerspiegeln.
Der Grafit wird durch das Schleifen spiegelglatt und die Oberfläche lädt zur Berührung ein. Eine weiche, metallartige Oberfläche welche die Hände bleistifthaft färbt. Der Preis dieser sinnlichen Berührung ist eine verschmutzte Hand. Diese Spuren werden im Stadtraum verteilt und schaffen so Gemeinsamkeit und Diskussionsstoff. Der Grafit wird sich im Laufe von Jahrzehnten verändern, durch die Berührungen werden die Kanten geschliffen und abgetragen. Er wird sich langsam wieder in einen Rohdiamanten verwandeln. Ein Kreislauf des Werdens und Vergehens.
Berlin, 2023
Graphit Skulpturen
Offener, Weltweiter Wettbewerb in zwei Phasen